P Seminar Zeitzeugen- Geschichte Gymnasium Neutraubling |
Neutraubling. Eine Stadt, die aus Trümmern gewachsen und von bedürftigen Kriegsflüchtigen aufgebaut worden ist. Die Geschichte dieser Stadt begann in der NS Zeit als eine Start- und Landebahn für Flugzeuge, die in den Messerschmidtwerken rund um den Fliegerhorst Obertraubling gebaut wurden. An dieser Straße, die als Start- und Landebahn diente, haben sich dann verschiedene Firmen wie Krones und die Maschinenfabrik Guido angesiedelt, die ausschlaggebend für das große und schnelle Wachstum sowie den Wiederaufbau aus den Trümmern waren.
Wir, das P-Seminar Geschichte des Gymnasiums Neutraubling, haben uns genauer mit der Geschichte der Stadt befasst, indem wir Interviews mit Personen geführt haben, die in der Zeit lebten und die Entwicklung der Stadt am eigenen Leib erfahren haben. In den weiteren Abschnitten berichten wir über die Ergebnisse der Interviews und die Entwicklung Neutraublings.
Neutraubling in der NS Zeit:
Im Jahr 1934 begann die Errichtung des Flugplatzes, nachdem es schon im Ersten Weltkrieg Überlegungen gab, einen solchen zu errichten. Man hatte nicht das Ziel, diesen mit anderen umliegenden Dörfern zu verbinden, da sich auch ortsansässige Bauernverbände, bzw. deren Vorsitzende, gegen den Bau ausgesprochen haben, da wertvolles Ackerland verloren gegangen wäre und man sich selbst zum Ziel für Luftangriffe gemacht hätte. Das Betreten des Flugplatzes war nur erlaubt, wenn man einen besonderen Ausweis besaß oder dort gearbeitet hat. Diejenigen, die dort gearbeitet haben, durften nichts von ihrer Arbeit erzählen, da diese als geheim galt. Allerdings gab es Sondergenehmigungen, wenn man als landwirtschaftlicher Betrieb die Start- und Landebahn mähen musste.
Neutraubling spielte militärisch eine große Rolle, da dort sowohl eine Luftkriegs- als auch eine Sturzkampfbomber-Schule eingerichtet wurden. Dies verhalf dem Ort zu einer großen Rolle im Bereich der Ausbildung. Trotzdem waren an diesem Stützpunkt nur wenige Soldaten stationiert, die als Verteiler von Verpflegung arbeiteten.
Als in 1943 die Messerschmitt-Fabrik in Regensburg zerstört wurde und man die Produktion auf umliegende Orte verlegte, hat man in Neutraubling die Hangars zu Produktionshallen umfunktioniert. Diese wurden dann von Alliierten verstärkt angegriffen. Um sich gegen diese zu verteidigen, war ein Ring von Flak-Stellungen rund um Regensburg und den Flugplatz Obertraubling aufgebaut. Die Verteidiger waren überwiegend Schüler aus Straubinger und Regensburger Gymnasien im Alter von 16 bis 17 Jahren, geleitet von verwundeten Soldaten. Besonders folgenschwer waren die Angriffe der „Big Week“, im Februar 1944. Dort wurden Produktionsstätten in ganz Deutschland angegriffen und der Fliegerhorst in Neutraubling wurde durch ein Bombardement am 25. Februar zu 70% zerstört.
In einem Interview mit Frau Vilsmeier selbst berichtet sie von ihren Eindrücken folgendermaßen:
Sie erlebte die Angriffe, insbesondere die der Amerikaner, die aus dem Süden erfolgten, sogar tagsüber, wo man die Nachrichten mit Hilfe des Radios mitverfolgen konnte. Wenn ein Alarm ertönte, während man in der Schule war, wurde diese geschlossen und im Falle eines Voralarms (der bevorstehende Angriff erfolgt in 15 min) wurden die Kinder mit bereitgestellten Zügen nach Hause gefahren. Sie erzählt außerdem von Schüssen der Flak, Rauchwolken und Flugzeugmotoren, vor denen sie Schutz im Keller der Wohnung aufsuchte.
Nachdem die 71. US- Infanterie Division am 26. April den Fliegerhorst erreicht hatte, wurde der Flugplatz kampflos aufgegeben. Alle Reste an Munition wurden dann gesprengt. Zuvor hatten noch ungefähr 600 KZ Häftlinge aus Flossenbürg, dem Außenlager in Obertraubling, zwei Monate lang den Auftrag, die Landebahn zu verlängern. Die Arbeitenden lebten in einem Rohbau, der als Kasino für die nationalsozialistischen Offiziere gedacht war. Bei den Arbeiten, die sie verrichten mussten, sind einige Häftlinge gestorben, weshalb Neutraubling einen KZ Friedhof hat. Das KZ Flossenbürg wurde am 16. April 1945 aufgelöst und die verbleibenden Gefangenen wurden in das KZ Dachau geschickt. Die US-amerikanische Besatzung hat den Flugplatz zwei Jahre nach Kriegsende aufgegeben und diesen, nachdem sie alles Nützliche mitgenommen hatten, den Flüchtlingen aus sowjetisch besetzten Gebieten überlassen. Diese sollten sich dort ansiedeln, fanden aber ausschließlich Ruinen vor.
Die angesprochenen Ruinen beinhalteten Baracken für die 1942 gefangen genommenen russischen Offiziere, die dort bei der Produktion der Flugzeuge helfen mussten, da die deutschen Soldaten an der Front waren. Die Baracken waren damals dort, wo heute die Einfahrt zur Kirche St. Michael ist.
Neutraubling nach der NS-Zeit:
Interview mit Gerald Nierlich:
Er kam im Alter von vier Jahren mit seinen Eltern und seiner Schwester aus dem Sudetenland nach Neutraubling. Mit diesen wohnte er im sogenannten „Schlangenbau“ in einer Wohnung, die nur drei Wände hatte. Sie zogen dort 1948 ohne große Deutschkenntnisse ein und er berichtet, dass sie als Kinder den anderen beim Spielen zuschauen mussten, da sie aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse nicht mit ihnen kommunizieren konnten. Jedoch sagte er, dass die Verhältnisse untereinander sehr gut waren und man sich als eine Gruppe Flüchtlinge, die alle im Schlangenbau lebten, gut verstanden hat. Trotz der wenigen Einwohner hatte Neutraubling im Schlangenbau schon die erste Polizeistation. Diese befand sich dort, wo heute die Adler Apotheke steht. Neben der Polizeistation waren im Schlangenbau noch einige anderen wichtigen Institutionen, wie zum Beispiel ein Kindergarten und eine Grundschule, die sich neben der Kirche St. Michael angesiedelt haben. Diese Grundschule hat Herr Nierlich auch besucht. Mit 14 Jahren begann er dann seine Lehre zum Maler. Die Lehre dauerte vier Jahre. In dieser Zeit musste er am Wochenende zurück nach Neutraubling pendeln, um etwas Geld zu verdienen.
Bedauerlicherweise verstarb Herr Gerald Nierlich am 26. Juni 2023, einen Monat, nachdem wir ihn interviewt haben. Wir sprechen den Angehörigen unser herzliches Beileid aus.
Ansiedlung von Krones in Neutraubling:
Das Gelände des Fliegerhorstes gehörte dem Staat und wurde vor allem an aus der Heimat vertriebene Unternehmer verkauft. Krones entstand zuerst durch eine Partnerschaft, die sich nach wenigen Jahren auflöste. Nachdem Hermann Kronseder sein eigenes Land kaufte, entstand eine Konkurrenzsituation zwischen den beiden. Diese endete mit der Übernahme des Konkurrenten durch Herrn Kronseder, nachdem dieser pleite gegangen war. Die Heimatvertriebenen waren zuerst unzufrieden mit der Ansiedelung der Firma Krones und haben ihn teilweise auch ausgeschlossen. Dann wurden aber schnell Freundschaften geschlossen und Hermann Kronseder baute ein Netzwerk auf. Da Straßen bereits vorhanden waren und gut ausgebildete Menschen in Neutraubling lebten, war Hermann Kronseder sehr erfolgreich. Später breitete sich Krones auf weitere Bundesländer und sogar international aus.
Vereinsleben in Neutraubling:
Interview mit Gerald Nierlich:
Mit 14 Jahren wagte Gerhard Nierlich den Schritt nach München, um wie seine Eltern eine vierjährige Ausbildung zum Malermeister zu starten. Nach Abschluss der Ausbildung zog es Nierlich wieder an den Ort seiner Kindheit zurück, wo er sich mit einem Malerbetrieb selbstständig machte. Aufgrunddessen konnte der durchaus Sportbegeisterte allerdings nie seiner eigentlichen Leidenschaft – dem Fußball – auf Vereinsebene nachgehen. Die Verletzungsgefahr und die damit verbundene Chance auf eine Berufsuntfähigkeit waren schlichtweg zu hoch. Als er dann von einem Kollegen die Idee vom Tennisspielen ins Ohr gesetzt bekam, fand er diese klasse, vor allem, weil dieser Sport es schaffen würde, ihn bis ins hohe Alter fit zu halten und dabei kein hohes Verletzungsrisiko aufzuweisen. Die damaligen Aufnahmebedingungen für einen Tennisclub waren allerdings deutlich härter als heutzutage; so landete man zunächst in einer langen Warteliste. Nierlich, damals schon Gemeinderatsmitglied, konnte allerdings seine Kontakte spielen lassen und so recht schnell im Jahre 1971 in den ,,Tennisclub Neutraubling“ eintreten. Der Verein war zu diesem Zeitpunkt erst 8 Jahre alt gewesen. Die Räumlichkeiten des TCNs zu dieser Zeit lassen sich aber nicht mit den heutigen vergleichen. Statt in einem Vereinsheim wurde ein Eisenbahnwagon aus Regensburg zur Umkleide umfunktioniert. Nach kurzer Zeit konnte sich der Malermeister im Verein einen Namen machen und bekleidete von nun an das Amt des Sportwartes, ab 1987 auch das des 1. Vorstands. Unter seiner Leitung expandierte der TCN. Das alte Gelände hatte ausgedient und ein neues wurde für die stolze Summe von 3 Millionen Euro aus dem Boden gestampft. Dass der Tennisclub bis heute dort ansässig ist, war anfangs unvorstellbar. So machte vor allem das Guggenberger Werk, welches sich in nächster Nähe zur neuen Tennisanlage befand und bis in die Abendstunden Lärm erzeugte, dem Vorstand Sorgen. Erst als er die Meldung erhielt, dass es so oder so demnächst abgerissen werden würde, war er vollständig überzeugt. Um das Mammutprojekt zu stemmen, musste jedes Mitglied 150-Euro in Arbeitsstunden einbringen oder dieselbe Summe spenden. Neben den Outdoor-Plätzen wurde zudem eine moderne Tennishalle gebaut, welche die einzige in der näheren Region darstellt und daher auch von vielen Spielern anderer Vereine oft genutzt wird. Als größte Schwierigkeit seiner Amtszeit nannte Nierlich die Rückzahlung der Schulden, die den Verein seit seines Umzugs belasteten. Doch auch dieses Hindernis sollte bewältigt werden und so trat der langjährige Vorstand erst von seinem Posten zurück, als der Verein wieder schuldenfrei war. Inzwischen ist der TCN einer der größten Vereine der Region und stellt insgesamte 25 Mannschaften im Spielbetrieb. Vieles hiervon ist wohl Gerhard Nierlich zu verdanken. Sein abschließender Ratschlag für alle jungen Leute ist, sich in Sportvereinen oder der Politik zu engagieren. Man solle sich in die Gesellschaft integrieren und so seinen Teil zum großen Ganzen beitragen.
Entwicklung Neutraublings:
Interview mit Volker Kronseder:
Wie bereits erwähnt wurde, erstreckt sich die Geschichte Neutraublings über eine kurze Zeitspanne. Daraus lässt sich darauf schließen, dass die Entwicklung sehr schnell vorangeschritten ist. Dies konnte vor allem vollbracht werden, da Baugebiet hier billig zu erwerben war. Während Regensburg beispielsweise weitgehend als ,,Militär- und Beamtenstadt‘‘ angesehen wurde, hatte Neutraubling eher den Ruf eines Flüchtlingslagers. Dies wirkte sich auf die Mietpreise aus, welche im Vergleich zum Umland lange sehr niedrig waren. Diesen Standortvorteil nutzten viele aufstrebende Unternehmen wie z.B. Krones oder die Maschinenfabrik Guido aus. Sie siedelten sich nach Kriegsende in Neutraubling an und sorgten für viele neue Arbeitsplätze in der Region. Dadurch hatten viele Einwohner seit langem wieder ein festes Einkommen und konnten mit der neu gewonnenen Kaufkraft auch andere regionale Geschäfte unterstützen. Um den wirtschaftlichen Aufschwung noch weiter voranzutreiben, fragten die Sprecher der großen Firmen bei der bayerischen Landesregierung weitere Finanzierungsmöglichkeiten an. Diese wurden gewährt, sind aber inzwischen zurückgezahlt. Obwohl die Lebensqualität von Jahr zu Jahr zunahm, war Neutraubling bis Ende der 1950er stark vom Krieg geprägt. So berichtet Volker Kronseder in unserem Interview mit ihm beispielsweise von Häuserruinen, die bis in diese Zeit keine Seltenheit waren. Auch Munition war noch lange auf offener Straße zu finden. Kronseder beschreibt das Neutraubling von damals als ein ,,Abenteuer‘‘, in dem er selbst als kleiner Junge aufgewachsen ist. So konnte man als Kind durchaus in die Fabriken hineinspazieren, ohne sofort verscheucht zu werden.
Auch an seine Schulzeit hat er gute Erinnerungen. Die Grundschule Neutraubling war damals kulturell breit aufgestellt, da sie vor allem von Flüchtlingen besucht wurde, welche aus ganz Europa den Weg hierher fanden. Dadurch dass Neutraubling sich so schnell weiterentwickelte, erhielt es in den Jahren 1948/1949 die Bezeichnung einer eigenen Ortschaft. Offiziell war immer noch die Gemeinde Barbing für die Verwaltung des Ortes zuständig, doch dieser wurde weitestgehend sich selbst überlassen. Da das US-amerikanische Militär noch lange den Vorsitz in Neutraubling, wie in weiten Teilen Bayerns, haben sollte, entschlossen sich die Unternehmen sich in einer sog. ,,Aufbaugemeinschaft‘‘ zu vereinigen. Jede Firma stellte immer abwechselnd für ein Jahr den Vorsitzenden dieses Zusammenschlusses. Er fungierte als eine Art Ansprechperson für das amerikanische Militär und vermittelte diesem die Interessen der Firmen. So waren alle Bedingungen für die weitere Entwicklung Neutraublings gegeben. 1951 kam es schließlich zur Gemeindegründung und 1986 zur Erhebung zur Stadt. Inzwischen ist Neutraubling reich an Kultur (Theater, Museen) und Vereinen und ist ein zu Hause für ca. 15.000 Einwohner.
Leben in Neutraubling:
Interview mit Frau Schmidt:
Frau Schmidt lebt bereits seit 1956 in Neutraubling. Dadurch, dass Frau Schmidt und ihr Mann vier Kinder hatten, mussten sie sich aufgrund der Mangel an Kindergärten selbstständig helfen. Die einzige Schule, die es gab, war die Grundschule, später wurde die Realschule wie auch das Gymnasium errichtet. Auch war die Nachkriegszeit noch für einen längeren Zeitraum spürbar, da die Stadt als ehemaliger Fliegerhorst einen direkten Bezug zum Zweiten Weltkrieg hatte. Durch die regelmäßigen Bombardierungen des Fliegerhorsts waren Trümmer, Ruinen und Überreste verbreitet und haben an den Konflikt erinnert. Jedoch konnte sich Neutraubling als Stadt in der Amtszeit des ersten Bürgermeisters, Hans Herget, und des zweiten Bürgermeisters, Frau Schmidts Ehemann, wie auch der Ansiedlung von Industrie und Firmen wie Krones, Leist, etc. schnell aufbauen. Die Stimmung in der Nachkriegszeit war nicht einheitlich. Frau Schmidt persönlich war zuerst negativ gestimmt, andere jedoch haben sich sofort zuhause gefühlt. Anfangs war der Gedanke weit verbreitet, man könne nach drei Wochen zurück in die jeweilige, eigentliche Heimat. Nach und nach hat man sich aber zurechtgefunden und an Neutraubling gewöhnt. Heutzutage ist alles, was man braucht, in Neutraubling auffindbar. Große Auswirkungen auf das Leben in Neutraubling hatte die Ansiedlung des Einkaufzentrums Globus. Die Stadt, wie auch die etablierten Gewohnheiten, haben sich durch die Unterbringung der Firma nachhaltig verändert, da Globus Kundschaft stark anzog und folglich die Existenz von kleinen Läden und Geschäften erschwerte, welche nicht mit der großen Einkaufskette mithalten konnten. Überwiegend ist Frau Schmidt mit der Entwicklung Neutraublings sehr zufrieden und findet, dass alles im Großen und Ganzen sehr angenehm gelaufen ist.
Interview mit Frau Schubert:
Frau Schubert lebt ungefähr seit 1948-1950 in Neutraubling und verbrachte auch ihre Kindheit in der Gemeinde. Ihre Schulzeit verbrachte sie im Schlangenbau, in welchem ebenfalls die Kirche vorübergehend aufgebaut war. An der Schulzeit hat Frau Schubert nichts auszusetzen und als Kind ist sie sehr zufrieden aufgewachsen. Das ist im Teil darauf zurückzuführen, dass Frau Schubert als Kind keine besonderen Vorstellungen oder Erwartungshaltungen eines eigentlichen Standards hatte. Zuerst lebte Frau Schubert in Barbing und anschließend in Neutraubling, wo es an nichts fehlte. Die Folgen des Krieges waren nicht spürbar und auch jetzt ist Frau Schubert in Neutraubling zufrieden, ohne etwas zu vermissen. Frau Schuberts Bekannte und Freunde teilten dieses Gefühl des Wohlseins. Laut ihr soll man mit dem arbeiten, was einem zur Verfügung steht. Die Ansiedlung der Firmen und auch von Globus betrachtet Frau Schubert als positiv, da die geschaffenen Arbeitsplätze sehr hilfreich für das Leben in Neutraubling waren. Ähnlich sieht Frau Schubert die gesamte Entwicklung von Neutraubling mit Genugtuung und Anerkennung. Was Frau Schubert von früher fehlt, ist das stärkere Gefühl eines Miteinanders und einer Gemeinschaft. Die Menschen waren tendenziell hilfreicher, während heute jeder größtenteils seinen eigenen Weg geht, was weniger Zusammenhalt bedeutet. Dieser war damals eines der wichtigsten Besitztümer, welches den Bürgern Neutraublings zur Verfügung stand. Frau Schubert teilt uns in ihren Schlussworten mit, dass jeder so wie er will und in Frieden leben kann.
Zur Bevölkerung Neutraublings erwähnt Volker Kronseder noch folgendes:
Interview mit Frau Mehrl:
Frau Mehrl lebt seit 1966 in Neutraubling. Eine Erinnerung an die Nachkriegszeit, welche Frau Mehrl mitteilt, ist die, ein halb-zerbombtes Haus als Kind gesehen zu haben. Anderweitig spürte sie keine großen Konsequenzen des Krieges. Die Landebahn des Flugplatzes wurde erneuert und vollständig umfunktioniert. Allerdings bestand Sorge um einen neuen Krieg. Die Stimmung in Neutraubling, als Frau Mehrl ankam, spiegelt wider, dass ein Großteil der hinzugekommenen Einwohner geflüchtet sind oder zur Flucht getrieben wurden. Diese wurden überwiegend im Schlangenbau untergebracht, die meisten kamen aber eines Tages zum selbstständigen Hausbau. Die Geflüchteten wurden gelegentlich von der einheimischen, bayerischen Bevölkerung als „Rucksack-Deutsche“ bezeichnet, was Frau Mehrl negativ in Erinnerung geblieben ist. Ihr hat ihr Beruf als Sekretärin Spaß gemacht, jedoch merkt sie an, dass die Geschichten der Vertriebenen sehr unschön waren. Frau Mehlr wünscht sich diese altmodische Zeit nicht zurück, stattdessen ist sie zufrieden mit den Vorteilen und modernisierten Normen von heute. Als Beispiel nennt Frau Mehrl, dass Frauen nicht eigenständig arbeiten durften, sondern um die Erlaubnis ihrer Ehemänner beten mussten. Insgesamt ist Frau Mehrl mit der Entwicklung Neutraublings zufrieden und erachtet diese als positiv. Zusätzlich empfindet sie auch, dass das Einkaufszentrum Globus Vor- und Nachteile bringt. Zwar sind viele kleine Geschäfte handlungsunfähig geworden und mussten schließen, gleichzeitig bietet Globus ein großes Angebot an Waren und Dienstleistungen, welche in dieser Form unerhältlich in Neutraubling gewesen wären. Die Zeit der vielen kleinen Geschäfte ist nun eben vorbei, was Frau Mehrl auch nicht bedauert. Aus ihrer Sicht ist die Vorstellung von einer Vielzahl an Geschäften aus heutiger Perspektive fremd. Frau Mehrl merkt an, wie schnell man sich an Neues und Besseres gewöhnt. Frau Mehrl tauscht sich immer noch telefonisch mit Bekannten aus, welche ihre positive Einstellung, dass vieles vorbei ist und nicht mehr erlebt werden muss, teilen. Man soll nur nicht stehen bleiben, denn fast alles kommt anders, als man denkt.
Interview Herr Frotscher:
Herr Frotscher lebt seit Herbst 1952 in Neutraubling und ist als Kind hier aufgewachsen. Besonders vehement erinnert er sich an die großen Krater und Löcher, die in Neutraubling durch die Bombardierung entstanden sind. Diese führten oft zu Bunkern und unterirdischen Gängen, welche sich weit durch Neutraubling erstreckt haben, sodass man Markierungen anlegen musste, ehe man sich verläuft. Herr Frotscher berichtet, er konnte sich unterirdisch von Neutraubling bis nach Harting fortbewegen. Laut ihm war die Nachkriegszeit in Neutraubling nur zu spüren, weil es ein Ort der Zuflucht für viele Vertriebene war. Schließlich existierte Neutraubling davor nicht als Stadt, sondern als Fliegerhorst. Herr Frotscher ging es als Junge in Neutraubling sehr gut. Es war sicher und bot viel Freiraum zum Erleben. Die Ruinen störten ihn dabei nicht, da es ihm als Kind egal war, wo er sich befand und lebte. Den Hinzugezogenen ging es jedoch oft anders und weitaus schlechter. Herr Frotscher vermisst die Vielzahl an Geschäften, welche mit der Ansiedlung von Globus schließen mussten. Viele Läden fürchteten bereits um ihre Existenz, als bekannt wurde, dass Globus hier ein Einkaufszentrum eröffnen würde. Herr Frotscher denkt gerne an die schönen Geschäfte in beispielsweise der Sudentenstraße oder der Gartenzeile zurück, welche nun nicht mehr existieren. Aufgrunddessen betrachtet er die Entwicklung Neutraublings negativ. Auch vermisst er den Zusammenhalt und das große Gefühl der Verbundenheit von früher. Schließlich bemerkt Herr Frotscher, es sei sinnvoll, wenn Jugendliche ein Seniorenheim besichtigen und sich über die damaligen Zustände erkundigen. Die Vertriebenen hätten die Stadt aufgebaut, jedoch stehe sie heute da wie ein „Gemüsehaufen“.
Abschließend möchten wir unseren tiefsten Dank an alle Zeitzeugen aussprechen, die ihre einzigartigen Geschichten und Erlebnisse mit uns geteilt haben. Ihre Offenheit hat dieses Projekt zu etwas ganz Besonderem gemacht und Ihre Erzählungen werden einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Ihre Geschichten sind ein wertvolles Stück Geschichte, das wir bewahren und weitergeben sollten. Ein herzliches Dankeschön an Sie und auch an Petra Aichinger vom Stadtarchiv, die uns wertvolle Informationen und tolle Bilder zu Verfügung gestellt hat. Ganz herzlich möchten wir uns auch bei Peter Schmoll bedanken, der wichtige Informationen zur NS Zeit mit uns teilte.
Mitglieder des P Seminars unter der Leitung von OStR Markus Lunzer:
Kathrin Bäuml
Kilian Herwicht
Johannes Hurt
Marina Knjasev
Daniel Lavrinovich
Marc Putz